Bildungspotentiale im Anime
In diesem Projekt, welches aus zwei Teilprojekten besteht, habe ich die Methodologie der Strukturalen Medienbildung herausgearbeitet und methodisch erweitert. Hierzu habe ich zunächst den strukturalen Bildungsbegriff und die Zielstellung und Dimensionen der Strukturalen Medienbildung erläutert. Hinsichtlich des Forschungsgegenstands Anime habe die Geschichte und die Relevanz des Animes aufgezeigt.

 Mit Blick auf die Methodik zur Analyse von Animationsfilmen, habe ich im zweiten Teilprojekt „Neoformalismus und Animationsfilm“ zunächst die Grundannahmen des Neoformalismus und das Filmanalysemodell von Bordwell und Thompson ausgeführt. Anschließend habe ich anhand der Ausführungen von Furniss die Differenzen zwischen dem live-action-Film und dem Animationsfilm aufgezeigt und relevante Aspekte für eine Analyse diskutiert. Am Ende dieses Teilprojekts stand der Entwurf eines Analysemodells für den zweidimensionalen Animationsfilm.

 Hinsichtlich der Methodologie der Strukturalen Medienbildung bin ich in diesem Teilprojekt abschließend auf das hermeneutische Moment bei der bildungstheoretischen Analyse eingegangen. 

Der Hauptteil dieses Teilprojekts bildete die bildungstheoretische Analyse des Animes Akira, welche die herausgearbeiteten methodologischen Aspekte veranschaulicht hat. Hierbei bin ich einleitend auf die Relevanz dieses Films Akira eingegangen und habe einen inhaltlichen Überblick gegeben. Daran anschließend habe ich anhand des vorgestellten Analysemodells aus dem Teilprojekt „Neoformalismus und Animationsfilm“ eine Formanalyse vorgenommen, der im Sinne der Strukturalen Medienbildung eine bildungstheoretische Interpretation folgte.

Hinsichtlich der Ergebnisse der bildungstheoretischen Analyse zeigte sich, dass der Film Akira im besonderen Maße Reflexionspotentiale entfaltet. Diese eröffnen sich auf der einen Seite an den visuellen Kontrasten, welche jedoch nicht binär kodiert sind. Vielmehr entfalten sich an den Kontrasten verschiedene Facetten, welche die Sicht des Zuschauers flexibilisieren und zur Reflexion hinsichtlich der moralischen Dilemma im Film anregen. Auf der anderen Seite eröffnet Akira durch verschiedene spezifisch japanische Symboliken und der durchaus im westlichen Sinne hermetischen Erzählweise (insbesondere mit Blick auf das offene Ende des Films) einen Bruch mit westlichen Sehgewohnheiten. Es lässt sich also eine doppelte Transformation der Fremdheitserfahrungen ausmachen. Zum einen liegt eine basale Differenz in der Filmsprache des Animationsfilm selbst begründet, welche sich von den realistischeren live-action-Filmen abhebt und beispielsweise mit gewohnten Formen, Farben und Perspektiven brechen kann. Andererseits kann der Anime auch ein Fenster in den Kulturraum Japan eröffnen. Aus der Perspektive Humboldts betrachtet, sind Animes durch diese doppelte Transformation (Filmsprache und kulturelle Fragmente) in einem besonderen Maße potentiell bildend.

Ausblicke
Animationsfilme im Allgemeinen und der Anime im Speziellen sind ein relevantes Forschungsfeld für bildungstheoretische Analysen im Sinne der Strukturalen Medienbildung. Dieses Projekt stellt in diesem Sinne ein „proof of concept“ dar. Mit den hier gewonnenen Erkenntnissen lassen sich jedoch auch komplexere empirische Analysen realisieren. Durch das herausgearbeitete begriffliche und analytische Instrumentarium lassen sich verschiedene animierte audiovisuelle Formate vergleichen, was wiederum spezifischere Fragestellungen ermöglicht. Hierbei könnte man beispielsweise der Frage nachgehen, wie im Anime die deutsche Kultur dargestellt wird. Hinsichtlich verschiedener Animeserien, wie „Monster“ oder „Heidi“  stellt der Corpus „Anime“ durchaus verschiedene Thematisierungshintergründe bereit.

Auch der Vergleich zwischen Animationsfilmen mit unterschiedlichen Animationstechniken wäre mit dem Analysemodell denkbar. Hierbei könnte beispielsweise ein Fokus auf den Formen der Verfremdung liegen. Die im zweiten Teilprojekt vorgestellten Animatiosnfilme zeigten bereits große audiovisuelle Unterschiede und vielfältige Thematisierungsmöglichkeiten auf. Letztlich könnte man jedoch auch live-action- und Animationsformate miteinander vergleichen und bildungstheoretisch analysieren. Hierbei könnte man beispielsweise der Frage von Zeitlichkeit in beiden Formaten nachgehen. In Akira beispielsweise zeigte sich, dass das Übermächtige eine gewisse zeitliche Streckung erfuhr.

Die Möglichkeiten einer bildungstheoretischen Analyse von Animationsfilmen sind sehr breit gefächert und daher lohnenswert. Mit Blick auf die Strukturale Medienbildung sollte dieses Projekt anhand der Methodologie der Strukturalen Medienbildung einen Zugang zu diesem historisch wie auch thematisch breiten medialen Feld herstellen. Aus meiner Sicht geht mit dem Verstehen des Animationsfilms auch ein besseres Verständnis für den live-action-Film einher, da man sich bewusster macht, wie bestimmte Bedeutungen überhaupt erzeugt werden. In diesem Sinne bedeutet das für den Forschenden, dass er durch die Differenzen zwischen den Formaten sich seiner analytischen Werkzeuge und Begrifflichkeiten bewusster wird und diese dadurch an analytischer Schärfe gewinnen.

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